Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von nikola-reinartz.de und nikolaus-reinartz.de





Die Schwedenschanze in Kreuzweingarten





In Kreuzweingarten, dem durch seinen Keltenwall, den Römerkanal und die mittelalterliche Wallfahrtskirche weithin bekannten und vielbesuchten Dörflein, befindet sich auch abseits der Hauptstraße, an dem alten Wege entlang dem Mühlengraben, auf dem ehemals Emondschen Anwesen ein in der Öffentlichkeit noch kaum beachtetes merkwürdiges Bauwerk, vielmehr der Rest eines solchen, das wohl der Aufmerksamkeit der Fachgelehrten und der Denkmalpflege wert wäre. Zum Glück ist noch die Bauinschrift in schönen kapitalen Lettern erhalten: Ao. 1638. Es ist das älteste bezeichnete, wohl private Bauwerk des Ortes mitten aus der Zeit des unseligen 30jährigen Krieges. Aus massiven Bruchsteinen errichtet, bildet es in einer Dicke von 60 cm die abgeschrägte Ecke der Hofmauer neben dem großen Hoftor. Leider ist die vordere Abschlußwand nach dem Hofinnern, an der sich auch der Inschriftbalken befand, nicht mehr erhalten. Das Merkwürdige an diesem Eckbau ist nun, daß in einer Höhe von 1,50 m über dem Erdboden drei schmale Öffnungen eingelassen sind, zwei nebeneinander gegen Osten, die dritte, jetzt zugemauerte, gegen Südosten; 30 cm hohe Schlitze, die nach innen weit ausladen, ähnlich den Schießscharten an der Hardtburg. Das Merkwürdigste aber ist, daß nebenan vor einigen Jahren eine Schwedenmünze von Gustav Adolf aus dem Jahre 1628 gefunden worden ist, die anscheinend im Brandschutt gesteckt hat. Was ist von diesem seltsamen Zusammentreffen zu halten?

Über die Verwüstungen, die im 30jährigen Kriege auch unsere Heimat, besonders in den Jahren nach der Schlacht bei Breitenfeld 1631, wo die Schweden in das Erzstift einfielen, und wieder in den Jahren nach 1642 von den vereinigten Hessen, Weimarern und Franzosen erlitten hat, berichten die im Kölner Stadtarchiv ruhenden Annalen der Zülpicher Kapuziner, daß außer Zülpich in der Umgebung die Dörfer Enzen, Froitzheirn. Vettweiß, Erp, Hochkirchen, Vernich, die Klöster zu Sinzenich, Hoven und Füssenich, auch Antoni-Gartzem ausgeplündert und in Brand gesteckt wurden. Wie trostlos aber auch anderwärts die Zustände am Ende des Krieges waren, kann man aus den Visitationsberichten des aus Weingarten stammenden Zülpicher Landdechanten Eberhard Boßhammer im Kölner Diözesan-Archiv entnehmen. Vielfach sind die Bewohner geflüchtet, die Felder liegen unbebaut, die Kirchen sind zerstört. Von Elsig und Odendorf haben die sämtlichen überlebenden Bewohner mit ihrem Geistlichen sich in sicherm Versteck verborgen. In Erp, Zülpich, Bergstein, Nideggen und anderen Orten sind die Kirchen und Kirchtürme niedergebrannt. Die meisten Kirchen sind im Mauerwerk und Dachwerk so schwer beschädigt, daß der Geistliche am Altar nicht einmal vor dem Regen geschützt ist. Durch das beständige Einregnen sind Gebälk und Gewölbe verfault, die Mauern morsch geworden. So ist kürzlich in Bürvenich eine Kirchenmauer mit dem anstoßenden Turm eingestürzt. Ebenso droht Einsturz den Glockentürmen in Billig und Rüdesheim. (St. Georg bei Euskirchen). An andern Orten wie in Ollheim, Vlatten usw. sind die Kirchendächer so schadhaft, daß, um das Hauptschiff zu erhalten, die Seitenschiffe völlig niedergerissen werden müssen.

Zudem sind viele Pfarrhäuser und Schulhäuser schwer beschädigt und darum unbewohnbar, zum Teil niedergebrannt, die Kirchhofsmauern fast an allen Orten eingestürzt. Manche Pfarrhäuser, die im Kriege eingeäschert wurden sind 1660 noch nicht wieder aufgebaut. In vielen Gemeinden ist seit 20 und mehr Jahren keine Kirchenrechnung abgelegt worden; war ja auch in den Kriegsjahren, als die Ortsbewohner geflüchtet waren, eine Abrechnung nicht möglich. So kommt es, daß dem Priester an manchen Orten das Notwendigste zur Feier des hl. Opfers fehlt. Als auf die Stadt Euskirchen schwere unaufbringliche Kriegskontributionen die auf das ganze Land ausgeschrieben waren und diese eilends unter Androhung gewaltsamer Militärexekution eingefordert wurden, hat der Magistrat, weil er auf andere Weise keine Gelder bekommen konnte, die kostbarsten Kirchengeräte bei zuverlässigen Kirchmeistern in Köln gegen 300 Reichstaler versetzen müssen. In Kirchheim haben die dortigen Bauern ihre größte Kirchenglocke im Gewicht von 1400 Pfund an den protestantischen Burgherrn verkauft und den Erlös unter sich geteilt.


Wie „gottlos und tirannisch“ das schwedische Kriegsvolk mit den Hausleuten gehandelt, „nit wie Menschen sonder wie wüdende Teuffelen oder Teuffelskinder,“ das kann nicht beschrieben werden, heißt es in der Rolandswerter Chronik (Annalen des Historischen Vereins Bd. 19, S. 178) wo entsetzliche Einzelheiten angeführt sind. Es genüge an den bekannten „Schwedentrank" zu erinnern. So heißt es auch in hiesiger Gegend im alten Kirchenbuch von Sinzenich: „Anno 1642, da das betrüblich und ellendiche Verderben der Hessischen und Weimarischen ihngefallen, ist Arnold Schenk, Kirchmeister eines greuhlichen Tods verfahren.“ Desgleichen war auf einem alten Grabstein in Weingarten ehedem zu lesen : „N. N. von den Hessen grausam zu Tode gebracht.“ Was liegt nun näher als in dieser eingangs genannten Eckbastion eines von einer hohen Mauer umwallten Gutshofes eine dörfliche Schutzwehr gegen die wilde Soldateska zu erblicken, deren Anwesenheit durch die gleichzeitige Schwedenmünze bezeugt wird? Wie ja auch die Dorfbewohner jener Tage sich im Römerkanal verbarrikadierten, was wiederum ganz ähnlich durch eine in demselben gefundene Silbermünze des Landesherrn, Herzog Philipp Wilhelm von Jülich, aus der Zeit der Raubkriege Ludwig XIV. belegt wird. Und endlich ist in diesem Zusammenhang auch der Kirchturm auf der Höhe des Ortes nicht zu vergessen, der in seinem massiven Aufbau über einem festen, nur von innen mit einer Leiter zu ersteigenden Gewölbe, mit seinen spärlichen schmalen Lichtöffnungen ein starkes Bollwerk und gute Zuflucht bot, aber auch noch die Narben überstandener Angriffe zeigt, indem er zweimal erneuert werden mußte.

So wird es verständlich, mit welcher Freude Weingarten den langersehnten Friedensschluß zu Münster am 24. Oktober 1648, der dem 30jährigen Krieg ein Ende machte, begrüßt hat. Auch davon ist uns ein Denkmal erhalten geblieben. Die größte und schönste der drei alten Glocken der Pfarrkirche, die Friedensglocke, trägt die Jahreszahl 1649. Gleich im ersten Friedensjahre war es also, daß die wohl im Kriege zu Schaden gekommene mittlere Glocke umgegossen und als größte und schönste wiedererstand, ein Denkmal unverzagten Gottvertrauens, ein Mahnmal auch für unsere Zeit. (Pfarrer Reinartz)


Die Schießscharten an der Schwedenschanze


Die Münze mit dem schwedischen Königswappen und dem Namen Gustav Adolf


Das Balkenstück mit der Jahreszahl 1638

Bilder Dr. P.





Euskirchener Volksblatt, Nr. 122, 27.5.1950.





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