Leben und Werk von Nikolaus Reinartz,
Pfarrer und Heimatforscher - Ein Projekt von Nikola-reinartz.de und Nikolaus-reinartz.de



Annalen des Historischen Vereins 139 für den Niederrhein 1941.
Die „Krummel“ von Nechtersheim, ein Eifeler Rittergeschlecht.
Von Nikola Reinartz.





Dietrich Krummel von Nechtersheim zu Nettersheim I. 45) (1561).

Vier Tage vor dem Tode seines Vaters war sein ältester Sohn von einer mehrjährigen Reise, die er als Achtzehnjähriger nach Frankreich, England, Friesland und Italien angetreten hatte, nach Nettersheim zurückgekehrt. So war es denn wohl eine in seiner Abwesenheit abgemachte Sache, daß Dietrich aus dem väterlichen Erbe Haus und Hof zu Nettersheim mit Zubehör, das halbe Haus zu Münstereifel, den halben Zehnten zu Nettersheim, einen Hof zu Zingsheim mit einem jährlichen Pachtertrag von 11 Malter Frucht sowie von dem in zweiter Ehe Richards erworbenen Gute drei Morgen Wiese und sechs Morgen Acker erhalten sollte. In Unkenntnis der Verhältnisse hatte er dann in einem Vertrage mit der Stiefmutter und deren Kindern 1524 seine Zustimmung gegeben, als er aber Einblick in die Akten erhalten hatte, den Vertrag widerrufen. Er berief sich auf das im Herzogtum Jülich geltende Recht, daß die Kinder erster Ehe „an das zu heuratguet oder in ander weg zugebrachte, errungen oder gewunnen, ligend oder unbeweglich guttern, sie seien lehen oder aigen, das aigenthumb, der überlebend ehegemahl allein ain besitz und nießung erben, und nur das fahrend hab nießlich und aigenthumblich erbt“; die Kinder zweiter Ehe „erben die in wiwensstand oder in ander ehe errungen und gewunnen liegend guetter zamt der farend hab“. Auch habe „der überlebend eegemehl kein macht, das aigenthumb der ehekinder weither zu versetzen, zu verkauffen oder zu anderwegen zu verändern“. Somit beanspruchte Dietrich außer dem Erbgut zu Münstereifel und Nettersheim den Hof zu Obergartzem 46) mit einer Weinrente von 3 ½ Ohm zu Bodendorf. Diese seien ihm vom Vater versprochen worden, weil Dietrich den Eltern die Nutznießung des mütterlichen Erbteils von 2000 Gulden überlassen habe. Ferner beschwerte er sich darüber, daß der Vater 15 Malter, halb Weizen, halb Roggen, jährliche Fruchtgülte zu Schneppenheim für 150 Gulden verkauft und dafür einen Hof zu Sinzig 47) am Rhein für 1000 Goldgulden erworben habe. So sei ihm unter Einberechnung des dürftigen Mobiliars ein Schaden von über 2341 Goldgulden erwachsen. Mit seiner Klage scheint Dietrich, der bereits 1540 in erster Instanz unterlegen war, keinen vollen Erfolg gehabt zu haben, wenigstens findet sich der Hof zu Gartzem wieder im Besitz der Boulicher Linie, dagegen wurde er, der mit den Stammgütern zu Nettersheim und Münstereifel 1525 belehnt worden war, nochmals 1541 mit ihnen belehnt. 1527 schloß Dietich einen Ehevertrag mit Wilhelma von Mirbach, Tochter des ebenso wie die Eltern Dietrichs bereits verstorbenen Reinhard von Mirbach und der Anna von Hochsteden. 48) Trotz deren Mitgift scheint er sich wohl durch den Prozeß mit den Boulichern in Geldverlegenheit befunden zu haben. 1530 erhielt er vom Lehnsherrn die Genehmigung, den Forster Hof und das Burghaus zu Münstereifel mit 1500 Gulden zu belasten. 49) 1536 beschwert sich der Pfarrer von Zingsheim, zu dessen Sprengel auch die Kapelle Nettersheim gehörte, einen „capellain hait jonkher Dederich Krummel mit angestalt, die saters dags misse sinenthalven zo doin und die zo beloenen, aber kan nu nuist van deme selbigen kreigen“, während dessen Vater Richard sie stets jährlich mit 8 Radergulden belohnt hatte. 50) Dagegen bestätigt Dietrich 1541 die von dem Ahnherrn Arnold von Nettersheim aus den Gütern zu Leutherath gemachten frommen Stiftungen. 51) Als er am 1. Dezember 1561 starb, hinterließ er zwei Söhne und zwei Töchter. Eine von diesen, Anna Krummel von Nechtersheim, war 1574–1585 Äbtissin im Kloster Schillingskapellen. 52) Ihre Schwester Maria heiratete 1548 Reinard Pützfeld genannt von Friemersdorf zu Kallmuth (Kr. Schleiden). 53) Die beiden Söhne Reinhart und Dietrich hatten noch zu Lebzeiten des Vaters sich in das Erbe so geteilt, daß der ältere Reinhart die Stammburg Nettersheim, Dietrich das Burghaus in Münstereifel erhielt. Auch dieser nahm seinen Wohnsitz in Nettersheim, wo er sich auf dem ihm zugefallenen Mannerichs Gut „aus einem Halfenhäuschen einen adlichen Sitz erbaute“. Sein Burghaus in Münstereifel auf der Langenheck soll seine Schwester von 1562–1580 in Besitz gehabt haben. 54) Die Belehnung mit dem väterlichen Erbe erhielt Richard 1561 mit für seinen Bruder, während Dietrich 1593 für jenen mit unterschrieb, „diewyll min broeder neit schryffen kan“. 55)





Anmerkungen




45)

Dieser Dietrich wird von Straßer fälschlich als Sohn Pawins bezeichnet und mit seinem Großvater verwechselt. Hauptquelle für das Folgende: StA. Düsseldorf, Reichskammergericht, Akten K 1081, besonders Bl. 24, 26, 195, 205.

46)

Ein Drittel dieses Hofes war jedoch 1508 in zweiter Ehe erworben worden (siehe S. 50).

47)

In Sinzig scheint derselbe auch zeitweise gewohnt zu haben; s. oben S. 39. – Ein Theis Krummel ist 1559 Bürgermeister daselbst – Archiv Bell, Urk. Nr. 73.

48)

Auch Katharina von Tegelen genannt (StA. Düsseldorf, Jül. Lehen, Nr. 170, S. 110). Über ihre Abstammung vgl. Strange V, S. 39 ff., besonders S. 53. In dem Ehevertrage, StA. Düsseldorf, Reichskammergericht M 821, S. 92, heißt es: „... ist in dieser heiligsvorwardt gededingt, datt Dietrich Krummel an Wilhelma zu heiligsgut bringen soll das haus, erb und gut zu Nechtersheim und was ihm von seinem vater oder anderer seit zufallen mag.“ – Anna von Hochsteden gibt Wilhelma als Heiratsgut solch gut und fruchten als Anna jairs zu Freilingen geldens hat an spelz & haver 43 malder, zins & churmuten, 27 mld. spelz & haver zu Nöthen, zu Lissendorf 6 mld., Berendorf 3 mld., Niederehe 3 mld., Neu-Blankenheim 2 mld., Roderath 8 mld., ... under Trier 3 ½ gld. & Wambach 3 ½ gld. Hie mußen die eheleut verziehen sein an allen & jeglichen andern gutern, gereid & ungereid, wie Wilhelma die anerstorven sind oder nu ersterven mögen von ihren eltern mitsamt ihren Brüdern, ausgeschieden so God über ihre gebrüder geboede, also dat die alzamen ohne eheliche leibsgeburt mit doth abgingen, alsdann sollen Diedrich und Wilhelma an das erbe zu gleicher deilung stehen und darzu vorth an alle andern beifellen, was in God und der hillige kirchhoff zu foichde. Behalden, so der gebröder einer am leben bliebe, so ensoll die eheleut kein deil nit haven an der avgegangen bröder nagelassen güter.“ – Es siegeln Richard Krummel von Nechtersheim, „mein lieber ohm“, Goddart von Deinsbur, Clais und Dietrich von Mirbach, Gebrüder, auf der anderen Seite Heinrich von Mirbach und Johann von Mirbach. – Der im Heiratsvertrag vorgesehene Fall des Aussterbens der männlichen Erbfolge trat wirklich ein. Auf Grund desselben erstritten die Söhne Wilhelmas, Reinhard und Dietrich Krummel, am Reichskammergericht den vierten Teil des großelterlichen Erbes. Es handelte sich um einen Hof zu Merz b. Laurenzberg (Kr. Jülich) und eine Rente von 200 Malter Roggen zu Lommersheim = Lommersum (Kr. Euskirchen).

49)

StA. Düsseldorf, Jül. Lehen, Nr. 170.

50)

Redlich II, 1, S. 557.

51)

StA. Koblenz, Abt. 54 N 131.

52)

K. Schorn, Eiflia sacra II, Bonn 1889, S. 505; vgl. Straßer, Bl. 77.

53)

Heiratsvertrag vom 2. Februar 1548 in der Redinghovenschen Sammlung, Bd. 65, S. 241. – Hauptquelle für das Folgende: StA. Düsseldorf, Jül. Lehen, Nr. 170.

54)

J. Katzfey, Geschichte der Stadt Münstereifel II, Köln 1854, S. 261.

55)

Straßer, Bl. 77.





Annalen des Historischen Vereins für den Niederrhein, Heft 139, 1941, S. 1–75.



Zu Richard=Reinhard, Anton S. 42
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